Die meisten Stufen vor uns fuhren zumindest teilweise in die ewige Stadt nach Italien. Auch wenn diese bei
vielen von uns die erste Wahl gewesen wäre, fuhr nach langem und irgendwie unnötigem Hickhack letztendlich doch die gesamte
12. Jahrgangsstufe im Juli 2003 nicht in die ewige, sondern in die goldene Stadt Prag. Wie wir im Nachhinein feststellen
dürfen, keinesfalls eine schlechte Entscheidung (die Einheimischen Tschechen können garantiert besser Deutsch als die Römer
und das Trinken ist dank starkem Euro auch günstiger). Einziger Wehmutstropfen war die Trennung des Päda Lks von der
restlichen Jahrgangsstufe, letztere verschlug es in das von außen vielleicht nicht ganz so schön anmutende Hotel Opatov
, das im Inneren jedoch seine Qualitäten zeigte (z.B. einen Kühlschrank auf jedem Zimmer!)

Der erste "Schock" kam
jedoch schon bei der Abfahrt in Tecklenburg. Alle waren da, bloß Herr Saatkamp nicht - wir fuhren
trotzdem (wenn auch nicht weit: Nach kurzer Zeit fiel Andreas M. ein, dass er seinen Reisepass zu Hause vergesse hatte,
also mussten wir wieder zurück nach Tecklenburg). Wie wir hinterher erfuhren, fiel Herr Saatkamp krankheitsbedingt für
unsere Pragfahrt aus. So mussten wir (die Opatov-Meute) also mit nur drei statt vier Lehrern Vorlieb nehmen, doch ich denke,
mit Frau Jansen-Netter, Herrn Hartwig und Herrn Groenhoff (der anfangs von Zora für einen Schüler gehalten wurde ["Ach,
Sie sind auch Lehrer?"]) haben wir auch einen mehr als guten Fang gemacht.
Nachdem wir also nach langer Busfahrt in Prag ankamen (und unterwegs noch die Ergebnisse des Aufbaus Ost bei einer
Rundfahrt durch das nächtliche Chemnitz bewundern konnten), wurden wir an einer belebten Straßenkreuzung bereits von unserer
Stadtführerin Zora erwartet. Über sie zu schreiben erübrigt sich eigentlich, da sie auch in den letzten Jahren schon im
Dienste der Völkerverständigung etliche Tecklenburger Schüler beglücken durfte. Zora lotste unseren Prag-erfahrenen
Busfahrer zum Opatov, das landschaftlich reizvoll in einer der schönsten (?) und größten Plattenbausiedlungen Prags liegt,
dafür aber immerhin noch recht ordentlich aussieht. Doch eine Zimmerbesichtigung war noch nicht drin (zu früh am Morgen)
und eine Ruhepause auch nicht (zu wenig Zeit). Also luden wir unser Gepäck ins Hotel und wurden von Zora und ihrer
Begleiterin in die Geheimnisse des Prager U-Bahn-Systems eingeweiht (bei 3 Linien eigentlich nicht wirklich schwer, aber
man weiß ja nie, wie das mit dem Verständnis nachts um 12 aussieht).
Nach der Stadtrundfahrt am Morgen im Bus, liefen wir nun per pedes durch die schöne Prager Innenstadt, auch hier wies
Zora immer wieder auf die Vorzüge tschechischer Autos ("wunderscheene, güldene Škoda Octavia") hin. Škodas bleiben
grundsätzlich nie liegen! Tatsache ist, dass wir bei der Stadtrundfahrt im Bus mindestens 4 Unfälle in der Prager
Rush-Hour begutachten konnten. Die verunfallten Autos waren entweder VWs oder aber Škodas. Da laut Zora Škodas aber nicht
kaputt gehen, begründete sie diesen Umstand notgedrungen mit der Inkompetenz der Autofahrer.
Zora brachte alle Sprüche, die schon in der letzten Abizeitung erwähnt wurden, weshalb ich hier auch auf eine
Wiederholung verzichte, lustig waren sie trotzdem immer wieder. So versuchten wir also den Vormittag über "die Mieetze"
(Mütze) zu folgen und die teils schwer verständlichen Ausführung über die Prager Geschichte zu verinnerlichen. Nach dem
Mittag konnten wir nun schließlich unsere nächtliche Lagerstätte besichtigen und nach einem zähen Kampf mit dem Fahrstuhl
sogar belegen. Der Nachmittag wurde nun zum Einkaufen und Bummel durch die Innenstadt genutzt.

Eine nächtliche
Heimkehr zu zivilisierten Zeiten war bei den meisten Gang & Gäbe (ein leichtes, wenn die letzte U-Bahn um
12 fährt und Taxis schweineteuer sind!). Nach der Rückmeldung beim Lehrertrio in der Hotel Bar stiegen dann allabendlich
die berüchtigten Flurpartys im 18. Stock (gut, dass wir den Flügel für uns allein hatten), auf denen wohl so manches
kompromittierende Foto geschossen wurde.
Doch es half nichts, das nächste Frühstück wartete. Danach stand das vormittägliche Kulturprogramm auf dem Plan, welches
uns und unsere drei Lehrer u.a. auf den Hradschin (das Schloss), in die Josephstadt (das jüdische Viertel mit zahlreichen
Synagogen und dem sehr beeindruckenden jüdischen Friedhof), zu Kafkas Geburtshaus, auf den Wenzelsplatz (eines Abends
auch in ein interessantes Schwarzlichttheater am W.-Platz) und öfter auch mal auf die Karlsbrücke führte.
Dankbarer Weise gab uns das Leitertrio nachmittags meist frei (unsere Konzentrationsfähigkeit wäre bei den Temperaturen
von weit über 30°C die ganze Woche über aber auch auf eine harte Probe gestellt worden), was es uns erlaubte, das
vielfältige Prag und seine Lokalitäten auf eigene Faust zu entdecken - wenn man sich meist auch immer wieder in den
gleichen Kneipen wieder fand.
Da Prag verhältnismäßig günstig ist, kommen Probleme in der Nahrungsversorgung nur selten auf (kleiner Tipp:
Cocktailpreise lassen sich noch drücken, wenn ihr nur energisch genug nachfragt. Lasst euch von den Preisen auf den
Touristenkarten nicht beeindrucken!). Dieser Umstand kann aber auch zu unangenehmen Nebenwirkungen führen (man frage
z.B. S.L., dem das aber wohl auch ziemlich peinlich war…, oder manche Päderaner, die sich manche Sachen "unnötig noch mal
durch den Kopf gehen" ließen).
Im Hotel Opatov hielt die gelöste Stimmung bei Lehrern und Schülern meist bis Tief in die Nacht an, was die "Rezeptioni"
veranlasste, ab und an (erfolglos) mit der "Sekjuritaz" zu drohen - die kam schließlich auch, aber zum Nachbarhotel,
nicht zu uns.
Doch auch bei uns hätte es so einiges gegeben, was besagte "Sekjuritaz" beschäftigt hätte, z.B. brennende Papierkörbe
(Begründung: "Ich dachte, dass muss so!"), oder aus dem 18. Stock fallende, gefüllte Plastiktüten (das macht ganz schön
Lärm).

An einem Tag
führte Zora die gesamte Belegschaft zu einer Tagesreise nach Theresienstadt aus und versuchte sich auf der
langen Busfahrt dorthin in monotonen Landschafts- und Geschichtserzählungen. Immerhin fiel ihr die Reizlosigkeit ihrer
Worte am Ende doch noch auf, sie beendete ihren Monolog mit den Worten "Sie können sich jetzt wecken!", was die
allermeisten von uns auch taten. In Theresienstadt selbst waren wir jedoch wieder mit Ernst bei der Sache und ließen uns
von sehr guten Guides durch die Anlage führen. Das beklemmende Gefühl, dass wir wohl alle bei der Besichtigung der Zellen
und Anlagen empfanden wurde durch einen kurzen aber beeindruckenden Film noch verstärkt. So verließen wir nach einigen
Stunden geläutert und um einige Erfahrungen reicher Theresienstadt; es war wohl einer der ruhigsten Tage auf der Fahrt,
an der jeder seinen Gedanken nachging und keinem nach Feiern zu Mute war.
Ganz anders der letzte Abend in Prag, in dem sich die gesamte Stufe in einer Disco versammelte und getanzt wurde bis
zum abwinken - bzw. bis halb 12. Ab dann fand die kollektive Sammlung zur letzten U-Bahn statt. Frau Jansen-Netter,
Herr Hartwig und Herr Groenhoff durften nun wieder erfahren, wie schwierig es sein kann, 60 Personen in höchstem Tempo
durch die Straßen zu hetzen, um die letzte Bahn nicht zu verpassen. Hier müssen wir uns bei unseren Lehrern entschuldigen,
es ist ganz bestimmt nicht angenehm, mit einer Horde "Viva Colonia" - grölender Jugendlicher auf einem vollen Bahnsteig
zu warten. Wir bitten um Verzeihung und hoffen, dass Sie es überstanden haben.
Im Gegenzug hatten unsere Lehrer die geniale Idee, die gesamte Jahrgangsstufe mit den inzwischen wohl bekannten
"Prag-T-Shirts" einzudecken. Eine, wie wir finden, wirklich tolle Idee, im Sinne des Zusammengehörigkeitsgefühls!
Abschließend bleibt nur, unseren drei Lehrern zu danken, dass sie seltener über uns fluchten als möglich, das meiste
mitmachten und generell immer wieder durch Heiterkeit überraschten. So werden uns die drei immer als lockeres Dream-Team
für Kursfahrten in Erinnerung bleiben. Wir hoffen, dass wir eine einigermaßen pflegeleichte Gruppe waren, die weniger
Ärger als Freude bereitete. Falls Sie sich eines Tages mal als unsere Urlaubsbegleitung anbieten würden, werden
wir nicht nein sagen…
Moritz Giebel